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Africa's Lead] Der
israelisch-palästinensische Konflikt:
Von Süd-Afrika lernen
Shira Herzog
Israelis reagieren oft empört, wenn ihr Konflikt mit den Palästinensern mit
der Entwicklung in Südafrika verglichen wird. Bei oberflächlicher
Betrachtung scheinen sie recht zu haben. Israel regiert West Bank und den
Gaza-Streifen nicht mittels eines Apartheid-Systems und seine Verhandlungen
mit den Palästinensern zielen auf eine Teilung des Landes, nicht auf eine
Teilung der Macht innerhalb des alten Staatswesens.
Die wahren Unterschiede zwischen den beiden Situationen liegen aber eher
darin, dass mehrere Schlüsselelemente, die den Erfolg Südafrikas ermöglicht
haben, in der israelisch-palästinensischen Beziehung fehlen. Vor kurzem war
der Ex-Premier Südafrikas F.W.de Klerk in Israel, um eine Ansprache bei
einer Konferenz zum Thema Konfliktlösung zu halten. Während große
Anstrengungen unternommen werden, um einen Waffenstillstand zu erreichen,
lohnt es sich, zu analysieren, was man von der südafrikanischen Entwicklung
lernen kann. Die Lektion Nummer eins heißt Offenheit.
Ein entscheidendes Element des südafrikanischen Wandels war
die Transparenz der Verhandlungen zwischen der regierenden National Party
und dem ANC. Verhandlungsführer beider Seiten erkannten, dass das
Kernelement erfolgreicher Verhandlungen die Einbindung der eigenen Anhänger
war. Schon vor dem formalen Verhandlungsprozess erfasste eine umfangreiche
Basisarbeit breite Schichten der Bevölkerung und bildete eine wichtige
Ergänzung zu den Gesprächen der Führungsebene. Die Kombination von
entschlossenen Führern und gut informierten Bürgern machte es möglich,
jegliche Rückschläge auf eindrucksvolle Art und Weise zu überwinden.
Obwohl 10.000 Südafrikaner zwischen 1991 und
1994 ums Leben kamen, hielten die Verhandlungen an.
Dass die Einbindung der Öffentlichkeit eine so wichtige Rolle
spielt, hat man im Israel-Palästina Konflikt von jeher nicht richtig
wahrnehmen wollen. Bereits 1993 beim Abschluss des Oslo-Abkommens erkannten
die Verhandlungsführer beider Seiten schlichtweg nicht die Wichtigkeit, das
Abkommen innerhalb ihres Lagers durch Abstimmungen zu legitimieren und
räumten Transparenz und Bürgereinbindung keine hohe Bedeutung ein.
Die israelische Regierung und die palästinensische
Autonomiebehörde stellten sich bestenfalls verbal hinter ihre im Abkommen
eingegangenen Verpflichtungen, den Friedensprozess zu fördern, wie es sich
für zivilisierte Gesellschaften gehört.
Während rein formal die Friedensgespräche anhielten, schürten
die palästinensische Medien Gewalt, während Israel die Bewegungsfreiheit der
Palästinenser einschränkte und Siedlungen ausbaute. Private israelische und
palästinensische Organisationen, die auf Dialog setzten, erreichten einigen
Erfolg trotz der Gleichgültigkeit oder Feindseligkeit ihrer jeweiligen
Regierungen.
Südafrika hält sogar eine noch deutlichere Lehre für Israelis
und Palästinenser bereit. Roelf Meyer, der Chefunterhändler der National
Party hat detailliert den "persönlichen Paradigmenwechsel" geschildert, der
den Weg zu erfolgreichen Verhandlungen mit dem ANC ebnete. De Klerks
ursprüngliches Ziel war es, das Apartheidsystem in einigen Punkten
abzuändern, jedoch den Sonderstatus der weißen Minderheit beizubehalten.
Laut Meyer war es erst im Jahr 1992, als der Staatsmann begriff, dass seine
Grundidee nicht tragfähig war und der Durchbruch in den Verhandlungen
erzielt wurde. Als Mr.de Klerk klar war, daß die Minderheitenrechte der
Weißen am besten in einer Demokratie, sogar mit schwarzer Mehrheit,
gesichert wären, mündeten seine Interessen mit denen des ANC in eine neue,
gemeinsame Vision. (De Klerk und Mandela erhielten 1993 den Nobelpreis für
ihre Rollen bei der Abschaffung der Apartheid und Errichtung einer
repräsentativen Demokratie).
Israelis und Palästinenser halten immer noch an einem alten
Sieg-Niederlage Paradigma fest, in dem man nicht gewinnen kann, es sei denn,
die andere Seite verliert. Solange die Israelis die Palästinenser nicht als
gleichberechtigte Partner akzeptieren in einem neuen Sieg-Sieg Paradigma,
gegründet auf einem existenzfähigen, an Israel angrenzenden
palästinensischen Staat, werden die Verhandlungen immer von Misstrauen und
Manipulationen unterminiert werden.
Wie De Klerk 1990 weiß auch Ariel Sharon, dass in einer neuen
internationalen Lage und demographischem Druck es am riskantesten ist, kein
Risiko einzugehen. Somit erkannt er die Notwendigkeit, einen unerträglichen
Status Quo zu ändern, an. Aber eine Verhandlungsstrategie, die keine
Rücksicht auf palästinensische Bedürfnisse und Interessen nimmt, wird nur
begrenzten Erfolg haben.
Palästinenser haben noch ein anderes Problem. In Südafrika
erkannte die ANC-Führung früh, wie entscheidend es sei, den weißen
Südafrikanern Sicherheit in einem demokratischen Südafrika zu garantieren.
Der ANC sicherte das Abkommen in den eigenen Reihen ab und beschwichtigte
die Ängste der Buren bezüglich der Machbarkeit und Fairness des neuen
Systems. Am wichtigsten ist es, dass der ANC eine entschlossene Haltung zu
Gewalt und Aufwiegelung einnahm und die Verantwortung für Äußerungen und
Handlungen seiner Gemeinde übernahm.
Die Palästinensische Autonomiebehörde hat es
führungstechnisch nie mit dem ANC aufnehmen können. Unter der Führung von
Yasser Arafat hat sie es nie geschafft, für die Zwei-Staaten-Lösung eine
klare Mehrheit unter Palästinensern zu schaffen. Arafat erklärte seinen
Leuten weder, was sie für einen Deal aufgeben müssten noch, dass sie der
Gewalt abschwören müssten. Seine ausweichende Ausdrucksweise und Toleranz
für den Terrorismus der Extremisten haben die Israelis davon überzeugt, dass
er unzuverlässig und unehrlich sei.
Obwohl der palästinensische (Ex-)Premier Mahmoud Abbas scheinbar eine klare
Vorstellung von der Zukunft hat, kann er nicht länger die Unterstützung
seines Lagers garantieren. Da Abbas keinen Rückhalt auf der
palästinensischen Strasse hat, erscheint auch er den Israelis nicht als
glaubwürdiger, engagierter Partner.
Während die Rahmenbedingungen, die den Südafrikanern beim
Übergang halfen, eindeutig im Nahen Osten fehlen, kann De Klerk Israelis und
Palästinensern eine eindeutige Botschaft geben: Beide Völker sind in diesem
tiefwurzelnden Konflikt fest miteinander verflochten.
Sie können entweder damit weitermachen, ihre destruktiven
Energien weiter zu steigern oder eine gemeinsame Vorstellung von der Zukunft
zu entwickeln und sich dann daran machen, Angst und Mißtrauen zu überwinden.
Übersetzung H. Waldenberger
*) Shira Herzog arbeitet bei der Kahanoff-Stiftung mit Sitz in Calgary und
schreibt über Israel-Fragen. Sie pendelt zwischen Toronto und Tel Aviv.
Take the Peace Process Public
hagalil.com
12-11-2003 |