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Nach der Gaza-Erklärung von Premier Sharon:
Frühstück mit einem israelischen Freund

Daoud Kuttab
Der Verfasser ist ein palästinensischer Journalist und Direktor des Institute of Modern Media der Al-Quds Universität in Ramallah.

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Es begann mit der Email eines israelischen Freundes, der wissen wollte, was ich über Ariel Sharons Plan zum einseitigen Rückzug aus dem Gazastreifen, denke. Ich schenkte dieser Frage wenig Aufmerksamkeit - anscheinend eine große Sache für die Israelis.

Nachdem ich noch Mal darüber nachgedacht hatte, schrieb ich zurück, das könne interessant sein, sollte es ernst gemeint sein, und schlug ein persönliches Treffen vor. Wir trafen uns zum Frühstück in einem Café in West-Jerusalem. Nach den Höflichkeiten kamen wir zur Sache. Mein israelischer Freund schien angespannt. Er wollte wissen, weshalb Palästinenser Sharon die Freiheit ließen, zu tun, was immer er will.

"Unsere Meinung ist doch nicht so wichtig", antwortete ich zur Überraschung meines Freundes, "Die Israelis sind daran gewöhnt untereinander zu verhandeln. Sie verhandeln entweder zwischen Labour und Likud oder zwischen Likud und Siedlern oder mit den Amerikanern. Wir sind kein Teil ihrer Verhandlungen."

Mein israelischer Freund erhob keinen Widerspruch, da er durch das Auftauchen unserer Bedienung davor gerettet wurde, antworten zu müssen. Wir bestellten beide Pilz-Omelettes und ich fuhr in meiner Argumentation fort: "Ihr Israelis habt die Wahl in den besetzten Gebieten (Westbank und Gaza) zu bleiben oder zu gehen, aber wir haben keine Wahl. Wir haben nicht die Macht, eine Änderung zu erzwingen, und wir verbringen das Leben in unserem Land damit,  auf den nächsten Zug der Israelis zu warten."

"Ihr habt eine Wahl," gab mein israelischer Freund zurück. "Ihr könnt wählen zwischen dem einseitigen Plan Sharons und der Road Map."

Wieder war ich anderer Meinung. Wer hält denn die Umsetzung der Road Map auf? Die Israelis, darauf bestehe ich.

"Auf gar keinen Fall. Du glaubst doch nicht, dass die Road Map wegen der paar Außenposten gescheitert ist," beharrte er.

"Es waren nicht nur die Außenposten, das Versagen bestand darin, nicht sofort alle Siedlungsaktivitäten zu beenden, auch die Erweiterung bestehender Siedlungen, und natürlich in dem irrsinnigen Vorhaben, eine Mauer zu bauen." Ich erinnerte meinen israelischen Freund auch daran, daß es Sharon war der 14 Vorbehalte gegen die Road Map vorgebracht hatte, während die Palästinenser sie ohne jede Bedingung und Vorbehalt akzeptiert hatten.

Aber mein Freund bestand darauf, daß Palästinenser eine Wahl haben. Wenn sie gegen den Terror vorgegangen wären, hätten sie Sharon in eine völlig andere Position gebracht als es jetzt der Fall war.

Ich sage: "Erstens kann kein palästinensischer Anführer einen Bürgerkrieg wegen eines Versprechens anfangen, das kaum zuverlässig ist. Zweitens sind es die Israelis, die Verhandlungen verweigern. Drittens widersetzt sich Israel weiterhin einem Waffenstillstandsabkommen. Wie können wir das Blutvergießen beenden, so lange Israel sich weigert, ein Waffenstillstandsabkommen zu unterzeichnen, das zweiseitig sein, durch eine außenstehende neutrale Macht garantiert werden und dem ein ernstgemeinter Verhandlungsversuch folgen muß?"

Ich fuhr mit meiner Argumentation fort: "Du sagst, die Palästinenser hätten eine Wahl, nämlich lieber die Road Map in die Tat umzusetzen als zu erlauben, daß Sharons einseitiger Gazaplan durchgeführt wird. Nun, sollte die Road Map umgesetzt werden, kannst Du dann garantieren, daß die Palästinenser tatsächlich einen unabhängigen Staat in den Grenzen von ´67 haben werden? Das israelische Verhalten in dieser Richtung war bisher schlicht nicht sehr ermutigend!"

Mein scharfsinniger Freund antwortet, daß die Palästinenser beständig Angebote abgelehnt hatten, von denen sie sich später wünschten, sie hätten sie erreichen können.

Ich mußte dem zustimmen. aber wir leben in einem anderen Zeitzyklus und unter anderen politischen Rahmenbedingungen als die Israelis: "Für uns liegt unsere Stärke darin, auf unserem Land und eine Einheit zu sein. Unsere Einheit darf nicht wegen des zweifelhaften Versprechens eines Israelis geschädigt werden, der gegenüber Palästinensern und ihren Rechten einen schrecklichen Ruf hat", wende ich ein.

Die Omelettes werden gebracht. Wir beginnen ruhig zu essen, aber schnell ergeben sich neue Unstimmigkeiten. Mein israelischer Freund verweigert sich jedem Versuch, die Morde an den Israelis im Zusammenhang mit dem Verhalten der Siedler zu sehen.

"Immer denkst Du," antworte ich, an Persönlichkeitsrechte und behandelst damit jede Verletzung individueller Rechte als Allerdinglichstes. Wir dagegen legen größeres Gewicht auf die Rechte der Gemeinschaft oder die Kollektivrechte." Ich versuche zu erklären, dass der Bau der Siedlungen für Palästinenser der Verletzung unserer nationalen Rechte gleichkommt und dem Mord an unserer Zukunft als Gemeinschaft und Nation.

Mein Freund entdeckt ein Stück Glas in seinem Omelett und läßt es zurückgehen. Während er seine Entdeckung mit den Angestellten des Restaurants diskutiert, frage ich mich, was ich wirklich von dem Einfall des israelischen Premierministers halte, sich einseitig aus dem Gazastreifen zurückzuziehen. Einerseits mag ich die Idee, denn sie bedeutet, daß endlich ein Prozess des Abzugs des israelischen Militärs beginnt, ohne daß ein politischer Preis für eine ungewisse Übereinkunft in der Zukunft gezahlt werden müßte. Andererseits weiß ich sehr wohl, daß wir für den Gewinn eines Gazagebietes ohne Siedler einen hohen Preis zahlen werden, denn die Israelis werden sich umso hartnäckiger in der West Bank festsetzen.

Sobald mein Freund die Torturen wegen des Glas-Omeletts überstanden hat, erkläre ich, daß für Palästinenser die größte Gefahr immer im Bau der Siedlungen auf unserem Land bestanden habe. Denn der Siedlungsbau hatte jede Hoffnung auf einen unabhängigen palästinensischen Staat am stärksten untergraben. Ich sagte ihm, daß wenn der jüdische Siedlungsdrang verebbt sei, was man aus der Entscheidung über den Gazastreifen schließen könnte, die Palästinenser die Zeit und die Geduld haben würden, auf die Einsicht der Israelis zu warten, daß Israel sich mit unseren Bestrebungen abfinden müsse, um ein Abkommen zu erreichen.

"Wir haben zwar nicht die militärische oder politische Macht, durchzusetzen, was wir wollen, aber wir haben die umgekehrte Macht uns allem entgegenzustellen, was nicht unseren Minimalforderungen entspricht," sage ich ihm.

Wir verließen das Restaurant ohne unsere politischen Meinungsverschiedenheiten beigelegt zu haben. Es blieb unklar ob mein Freund dieses bestimmte Restaurant wieder aufsuchen würde, aber ich war sicher, unsere Diskussionen würden sich in der Zukunft fortsetzen.

Quelle: AMIN.org, 16. Februar, 2004
Übersetzung: Caroline Heller.

hagalil.com 22-02-2004

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