[haGalil onLine 2004 (Jan./Feb.): Zum
Thema Sicherheitszaun]
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Eine israelische Sicht
Ohne Zaun kommt der Terror
Interview mit Yosef (Tommy) Lapid
bitterlemons: Wenn Israel von Anfang an den Zaun näher an
der Grünen Linie gebaut hätte, hätten die gegenwärtigen Verhandlungen vor
dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag dann vermieden werden können?
Lapid: Ich denke, dass die Palästinenser es auch dann
versucht hätten, außer wir hätten den Zaun ganz exakt auf der Grünen Linie
gebaut.
bitterlemons: Wird das palästinesisches Selbstmordattentat in
einem Bus in Jerusalem vom 22. Februar 2004 das Den Haager Verfahren
beeinflussen?
Lapid: Aus israelischer Sicht hat dieser Terroranschlag das
Verfahren in Den Haag in den richtigen Kontext gestellt. Wir wollen
Terrorismus verhindern und was in Jerusalem passiert ist, beweist, dass es
ohne Zaun zu Terror kommt.
bitterlemons: Israel rückt den Zaun näher an die Grüne Linie
genau zum Zeitpunkt, wenn das Gericht tagt. Vermittelt das nicht, dass
Israel in gewisser Weise die Zuständigkeit des Gerichtshofs anerkennt?
Lapid: In der Regierung hatten wir eine lebhafte Diskussion
zu diesem Punkt. Der Verteidigungsminister sagte, der Zeitpunkt sei zufällig
und habe nichts mit Den Haag zu tun. Aber das ist nicht die ganze
Geschichte. Wenn das Verfahren in Den Haag vorüber ist, kann ich ein paar
Meinungen äußern, die von der offiziellen Regierungslinie abweichen, welchen
Verlauf der Zaun haben sollte, um die Störungen im zivilen Leben zu
verringern. Im Prinzip haben wir aber das Recht, den Zaun überall dort zu
bauen, wo unser Leben in Gefahr ist.
bitterlemon: Glauben Sie, dass die Klagen zum Zaun, die
derzeit beim Obersten Gericht in Israel anhängig sind, die Entscheidung des
Den Haager Gerichts beeinflussen könnten?
Lapid: Sie werden auf jeden Fall die Entscheidungen der
israelischen Regierung beeinflussen. Wir weisen die Zuständigkeit des Den
Haager Gerichts zurück, aber wir akzeptieren, was unsere eigenen Gerichte
sagen.
bitterlemons: Israal hat sich dafür entschieden, bei der
Anhörung in Den Haag nicht zu erscheinen. Gleichzeitig hat die israelische
Regierung die Jewish Agency und verschiedene andere NGOs zu Demonstrationen
ermuntert.
Lapid: Ich meine, wir sollten die Zuständigkeit des Gerichts
zurückweisen, aber wenn es unsere Position nicht anerkennt, sollten wir
erscheinen. Das Kabinett hat sich aber gegen meinen Standpunkt entschieden.
Was die Demonstrationen in Den Haag angeht: Wir haben unsere Lektion (bei
der Anti-Rassismuskonferenz) in Durban gelernt, wo pro-palästinensische
Gruppierungen die Strasse übernommen hatten.
bitterlemons: Was ist für Israel der bestmögliche Ausgang in
Den Haag? Was wäre der schlimmste Ausgang?
Lapid: Bestenfalls sagt der Gerichtshof, dass er keine
Jurisdiktion über so ein politisches Thema besitzt. Der schlimmste Ausgang
wäre eine negative Empfehlung an die Vereinten Nationen.
Yosef (Tommy) Lapid ist stellvertretender Premierminister und
Justizminister in der israelischen Regierung und Parteivorstand der
Shinui-Partei.
Übersetzung: Ruth Fink-Bracha
[haGalil onLine 2004 (Jan./Feb.):
Zum Thema Sicherheitszaun]
Published 23/2/2004 ©bitterlemons.org
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