Jüdisches Leben in EuropaMit der Hilfe des Himmels

Promises - endlich auf Video!


 

Schrei geliebtes Land!

von Gideon Levy

Schließlich wird die Welt Israel vielleicht doch vor sich selbst retten. Vielleicht werden Israels wirkliche Freunde den Druck auf die Regierungen verstärken. Vielleicht werden sie verstehen, dass sogar in Israel der Druck von außen nicht immer schlecht ist, weil es die letzte Chance sein könnte, Israel auf den geraden Weg zu bringen, dass es ein gerechterer Staat wird. Der letzte Versuch ist bescheiden, lässt aber im Augenblick Gutes hoffen.

Die UN, von der man in Israel nicht gerade Gutes denkt, hat sich entschlossen, die Trennmauer vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag (ICJ) zu bringen - noch eine Institution, die man in Israel bespöttelt. Dies hat in den Korridoren der Jerusalemer Regierung schon für einige Nervosität gesorgt. Wo der Aufschrei der Palästinenser und der Protest der extremen Linken versagte, hat die UN Erfolg. Das sind keine schlechten Nachrichten. Plötzlich entdecken Jerusalems Offizielle, dass mit dem Zaun Unrecht geschieht. Nachdem der größte Teil des Baues fertig gestellt war und Tausende von Familien eingesperrt waren, ohne dass sich jemand für sie verantwortlich fühlt, erhob sich in Jerusalem ein Gefühl des Unbehagens. Joseph Lapide warnte sogar davor, dass Israel in den Augen der Welt ein neues Süd-Afrika wird.

Guten Morgen, Herr Justizminister, mit dieser Warnung kommen Sie zu spät. Süd-Afrika gibt es hier schon lange, und so sehen es die meisten Länder der Welt. Doch besser spät als gar nicht – nur ist es wirklich schade, dass der Justizminister dazu Den Haag benötigte, um zu verstehen, dass der von seiner Regierung gebaute Zaun ein Apartheidzaun ist. Wenn er sich die Mühe gemacht hätte, mit eigenen Augen die Tausenden von Schulkinder jeden Morgen bei jedem Wetter sehen würde, wie sie auf das IDF oder Grenzpolizei-Jeep warten, damit die ihnen das Tor auf ihrem Schulweg, den Bauern zu ihrem Land, den Patienten zu ihren Kliniken öffnen würden.... Wenn er auch die abgesperrten Dörfer und die Ansicht einer Stadt hinter Stacheldraht gesehen hätte, dann hätte er nicht die Drohung aus Den Haag gebraucht, um die Ungerechtigkeit zu verstehen. Nach den Siedlungen ist nun der Zaun die nächste (Kollektiv-)Strafe, die den Palästinensern auferlegt wird. Wie üblich wird dies in Israel ignoriert.

Süd-Afrika hat sich selbst gerettet und wurde ein fairer Staat, vor allem weil internationaler Druck auf seine Regierung ausgeübt wurde. Wären die wirtschaftlichen Sanktionen nicht gewesen und die politische Isolation, hätte die Apartheid vielleicht für immer gedauert. Die meisten Kämpfer gegen die Apartheid sahen den internationalen Druck als Segen an und fühlten sich dadurch ermutigt. Bedauerlicherweise würde dies der israelischen Besatzung auch gut tun. Der Druck auf die Apartheid Süd-Afrikas begann mit einer Entscheidung desselben ICJ, die nun durch den Zaun ausgelöst wurde. Von hier ist es nur noch ein kleiner Schritt: wirtschaftliche Sanktionen und andere Boykottmaßnahmen auferlegen, bis das Regime kollabiert und Gerechtigkeit wieder in dem misshandelten Land eingesetzt wird. Das könnte die Narrative der Ereignisse auch in unserem Fall sein. Jeder, der sich Sorgen um Israels moralisches Image macht, sollt sich nicht davor ängstigen.

Sogar ohne Wall, könnte Israels Besatzung mit Süd Afrikas Apartheid verglichen werden, selbst dann, wenn Israels Ideologie weniger verächtlich wäre. Rechtfertigen nicht die „Straßen nur für Juden“, wie die meisten Westbankstraßen heute, allein schon den Vergleich? Unterscheiden die Straßenblockaden (die Passanten) nicht allein auf der Basis von rassischer Herkunft?

Es ist bedauerlich, dass der Zaun nun Den Haag erreicht hat. Es ist traurig, dass Israel nicht von sich aus verstanden hat, dass wenn man einen Zaun zu seinem Schutz baut, dass dieser nur auf der eigenen Grenze gebaut werden kann? Diejenigen die vermutlich ein Zetergeschrei gegen den Zaun, der Menschen wie in ein Gefängnis sperrt und deren Land entgeeignet, erhoben hätten, die verhalten sich ganz still. Diejenigen, deren Job es gewesen wäre, das moralische Image des Staates zu bewahren und zu verhindern, was der Zaun zehn Tausenden von unschuldigen Menschen antut, haben ihre Aufgabe nicht erfüllt. Die Medien waren nicht daran interessiert; der Justizminister wartete auf Den Haag; der Staatsanwalt genehmigte alles mit seinem Stempel; und der Oberste Gerichthof sagte kein Wort. Erst die Drohung aus Den Haag ließ Zweifel hoch kommen. Nun wird der Verlauf des Zaunes rund um ein paar eingesperrte Dörfer verändert – ein Versuch, das Übel ein wenig zu korrigieren. Was ist geschehen? Wussten die IDF nicht vorher schon, dass Hirbat Jubara von allen Seiten eingezäunt wird, dass Azun hinter dem Zaun zugrunde geht, und dass einige der Häuser von Jayous vom Dorf abgeschnitten werden? Haben sie nicht auf die Landkarte studiert? Lasen sie die Berichte nicht? Und nicht die internationale Presse?

Es ist traurig, dass erst die Angst vor dem ICJ auf dies Projekt der Ungerechtigkeit fiel und nicht schon Befürchtungen vor dem Hohen Gerichtshof in Jerusalem. So wurde Den Haag die letzte Instanz für Gerechtigkeit in Israel.

Die Hoffnung, dass internationale Institutionen Israel vor seinem bösen Tun bewahren, ist sehr problematisch. Aber wenn die Gesetz- und Rechtsinstitutionen des Staates versagen, dann gibt es keine andere Zuflucht als sich an internationale ( Institutionen) zu wenden. So wie es auch für die Weißen in Süd-Afrika besser gewesen wäre, wenn sie selbst erkannt hätten, dass ihr Regime auf Schande aufgebaut war, so wäre es auch für jene, die die Macht in Israel ausüben, besser gewesen, hätten sie schließlich von sich aus begriffen, dass unser Besatzungsregime auf schrecklicher Schande beruht, die schon längst hätte beendet werden müssen.

Solange dies nicht geschieht, solange 37 Jahre vorübergehen und die Besatzung nur immer brutaler wird, solange das israelische Bewusstsein nicht völlig verhärtet und nicht die Ungeheuerlichkeit der Bosheit verinnerlicht, solange gibt es keinen anderen Weg, als die Welt um Hilfe aufzurufen. „Schrei, mein geliebtes Land!“ schrieb der südafrikanische Lehrer Alon Paton 1948 über das kranke Regime seines Landes. Die aufgeklärte Welt jubelte. Aber wenn das geliebte Land nicht von sich selbst aus aufschreit, sondern es sich mit Gleichgültigkeit in sich zurückzieht, dann gibt es keine andere Wahl, als sich an die Welt zu wenden, damit sie stattdessen laut aufschreit.

 Der Artikel erschien schon im Januar im ZNet Deutschland (12.01.2004)

International Court of Justice - Press Release
Summary of the Advisory Opinion of 090704

Urteil von beispielloser Schärfe:
Sagt nicht Antisemitismus!
Sind wir doch mal ehrlich: Wir machten aus dem so wichtigen Zaun eine politische Angelegenheit, und dafür mussten wir jetzt bezahlen. Wir müssen gar nicht bis nach Haag gehen. Es genügt, den Gazastreifen zu betrachten, die Grenze zum Libanon und das Oberste Gericht in Jerusalem...

Confused and disappointed:
The courts and the fence/wall

Two courts ruled on Israel's security fence project within a period of ten days. The difference between the two rulings is no less than cosmic, thereby demonstrating just how relative justice can be...

Gutachten des Internationalen Gerichtshofes:
"Illegaler Mauerbau"

Der Bau des Zauns ist illegal, sagt der Gerichtshof, da er einen politischen Präzedenzfall für zukünftige Grenzen zwischen Israel und dem zukünftigen Staat Palästina schaffe...

Entscheidung zum Trennungszaun:
Es gibt Richter in Den Haag
Haaretz bringt die beiden Begebenheiten auf ihrer Titelseite: den 100. Todestag von Theodor Herzl und das Urteil des Internationalen Gerichtshofes ( ICJ), der den israelischen Trennungswall für illegal erklärte...

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat die israelische Sicherheitsanlage erwartungsgemäß für rechtswidrig erklärt. Er forderte die israelische Regierung auf, die Arbeiten östlich der "grünen Linie" einzustellen und Palästinenser zu entschädigen, die durch den Bau Nachteile erlitten haben.
Israel verteidigt die Anlage als notwendig zum Schutz gegen palästinensische Terroristen. Der israelische Justizminister erklärte, für Israel seien nur die Entscheidungen seines eigenen obersten Gerichtes maßgeblich. Israel will dem Gutachten aus Den Haag nicht Folge leisten.

hagalil.com 16-07-2004

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