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Middle East Roundtable / Edition 46

Aus israelischer Sicht:
Nichts ist stabiler als ein Provisorium

von Amnon Lord

Am Wochenende waren Israels Zeitungen voll über Scharons Rede in Herzliya, im Ton wie gewohnt optimistisch. Premierminister Ariel Scharon sprach über Möglichkeiten der Koordinierung des israelischen Abzugs mit den Palästinensern, aber sein Pathos historischen Optimismus war ans israelische Publikum gerichtet. Er beschrieb das kommende Jahr 2005 als ein Jahr von historischer Gelegenheit, um Israels strategische Lage von Grund auf zu verändern.

Ich suchte nach den Worten Frieden oder Staat Palästina und fand sie nicht, obzwar im Radio gleich nach der Rede der Eindruck erweckt wurde, Scharon habe gesagt, dass die Palästinenser ihren Staat im kommenden Jahr gründen könnten. Leichthin wurde in einem abschließenden Satz berichtet, dass Abu Mazen (Mahmoud Abbas) Scharon nicht zugestimmt habe, indem er sagte: "Scharon ist das Hindernis für den Frieden. Wir weisen seine Erklärungen zurück, im Ganzen und einzeln."

Die beiden Faktoren, die gemeinsam Scharons unilateralistische Position stärken, sind der Tod von Jassir Arafat und die Wiederwahl von George W. Bush. Indem Scharon von einer historischen Gelegenheit spricht, meint er, dass Israel in bestimmter Hinsicht wirklich in eine fast so vorteilhafte Lage gerät wie vor 15 Jahren, als sich durch den Zusammenbruch der Sowjetunion große Gelegenheiten boten. Somit war nicht nur der Hintermann der arabischen Feinde Israels niedergebrochen, sondern 1991 war sogar ein arabischer Hauptfeind besiegt. Das schuf scheinbar sehr günstige Umstände. Dann kamen die Vereinbarungen von Oslo und die Gelegenheit war vertan. Statt dessen war eine neue Ära des Terrorismus eingeläutet - mit Massenmord als politischem Mittel.

Scharons jetzige Gelegenheit ist es, Israel aus dem Zwang zu Friedensverhandlungen mit den Palästinensern und anderen arabischen Ländern herauszuziehen. Die Art der Einseitigkeit des Abzugs bedeutet, dass Israel die Kontrolle über sein eigenes Schicksal wiedergewinnt, indem es zum Glück die gefährliche Prämisse aufgibt, dass sein existentielles Problem nur gemeinsam mit den Problemen der Palästinenser gelöst werden könnten. Ein Staat Palästina wird nun bloß zu einer Option, die Israel nicht ausschließt, und es bleibt den Palästinensern überlassen, darüber zu entscheiden.

Abu Mazens Zurückweisung von Scharons Rede zeigt deutlich, dass er dessen Optimismus nicht teilt. Er betrachtet die neuen Umstände als Zwang für die Palästinenser. Trotzdem jedoch gibt Scharons Plan Abu Mazen genug Raum, um die Kontrolle zu bekommen und sich für die nächsten ein oder zwei Jahre auf interne palästinensische Angelegenheiten zu konzentrieren. Falls der Terrorismus abflauen sollte, wird Abu Mazen nach der Beendigung des israelischen Abzugs vor folgendem Dilamma stehen: Er wird wahrscheinlich von Israel und den USA eine Wiederaufnahme der Verhandlungen verlangen. Weil die Hauptidee des Abzugs bereits eine politische Tatsache sein wird, wird Israel unter Scharon ablehnen. Abu Mazens Legitimierung wird darauf beruhen, was er am Verhandlungstisch leistet. Wenn dazu jedoch kein Zugang besteht, wird er an Legitimierung verlieren und der palästinensische Terror wird wieder beginnen.

Darin unterscheidet sich Labour von Scharon. Labours Regierungsbeteiligung hat klar limitierte Vorgaben. Labour betrachtet die Trennung nur unter Aspekten des Abzugs und des Abbaus der Siedlungen. Aber Labour teilt nicht das strategische Prinzip, das dem Abzugsplan zugrunde liegt, und das verzögert im Moment die Gründung eines Staates Palästina und verhindert einen verhandelten Frieden. Die Zukunft der Partnerschaft von Likud und Labour hängt zum großen Teil davon ab, wie weit der einseitige Abzug gehen und wie lang dieser Prozess dauern wird. Möglicherweise wird ein begonnener Abzug aus dem nördlichen Samaria in Gestalt eines langen Streifen Landes bis zum Berg Hebron im Süden enden, indem die Palästinenser all den Privatgrund der Westbank erhalten, während Israel den Staatsgrund behält.

Dieser Prozess der Aufteilung der Westbank wird wohl Jahre dauern, aber während dieser Zeit könnte eine Langzeit-Partnerschaft von Likud und Labour erwachsen. Das könnte beide Parteien als Koalitionspartner bis zu den nächsten Wahlen im November 2006 führen. Danach wird die Fortführung dieser neuen politischen Allianz von Likuds Fähigkeit abhängen, seine derzeitige Stärke in der Knesset zu behalten, und die Fortführung der neuen unilateralen israelischen Politik dürfte von der Labour-Likud-Allianz abhängen.

Also hängt diese Allianz vom augenblicklichen Stärkeverhältnis beider Parteien zueinander ab. Sollte Likud bei den nächsten Wahlen geschwächt und Labour gestärkt werden - wird paradoxerweise Likud nach rechts driften und Labour nach links. Unter solchen Umständen wird Likud seine augenblickliche Position als Achse des politischen Systems verlieren und wird unvermeidlicherweise die Parteien des rechten Flügels für eine Beteiligung an der Regierung brauchen.

Also bleibt Scharon der populäre Führer der israelischen Öffentlichkeit, und das scheint die Allianz von Likud und Labour zu stärken. Mit Scharon an diesem Platz könnte diese Partnerschaft mehrere Jahre bestehen. 20.12.2004 (c) bitterlemons.org

Übersetzung: Robert Cohn

Amnon Lord ist der Herausgeber der Wochenzeitung Makor Rishon.

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hagalil.com 23-08-2004

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