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Israel - Palästina
Entwurf eines Friedensabkommens
[ENGLISH]
Am Freitag, den 10. August 2001 hat Gush Shalom
(der Friedensblock in Israel) in der Zeitung Ha'aretz den Vorschlag für ein
"Friedensabkommen" veröffentlicht.
In der Einführung erklärt Gush Shalom u.a.:
"Weniger denn je darf der Kampf um den Frieden jetzt aufhören. Die folgende
Prinzipien-Erklärung ist ein Vorschlag für eine Diskussion zwischen Israelis
und Palästinensern. Sie sollte nicht als ein Alles-oder-Nichts-Angebot
verstanden werden.
Wir haben uns bei der Erarbeitung unseres Vorschlags bewußt auf Details
eingelassen. Damit wollen wir unserer Überzeugung ausdrücken, dass es für
alle aktuellen Probleme - alle Bestandteile des Konflikts - eine Lösung
gibt. Nicht durch Diktate, nicht vom Herr-im-Hause-Standpunkt aus, sondern
in Verhandlungen zwischen Gleichen.
Die Regierung und die Armeeführung führen uns in eine Hölle von Blut und
Feuer. Wie rufen alle Kräfte auf, die in Israel eine Friedenslösung suchen,
sich im Interesse einer Zukunft der beiden Völker im Lande, der jüdischen
Israelis und der arabischen Palästinenser zu einigen.
Das Land hat uns als Zwillinge geboren."
Entwurf eines Friedensabkommens zwischen dem
Staat Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), der
Vertretung des Palästinensischen Volks.
In Erwägung, dass beide Seiten wünschen, den
historischen Konflikt zwischen ihnen zu beenden, Frieden zu schließen und
eine historische Versöhnung der beiden Nationen einzuleiten,
in Erwägung, dass beide Seiten einen Frieden auf der Basis der Grundsätze
der Selbstbestimmung, des gegenseitigen Achtung, der Gerechtigkeit und
Gleichheit wünschen,
in Erwägung, dass beide Seiten das Prinzip "Zwei Staaten für zwei Nationen"
anerkennen,
in Erwägung, dass beide Seiten die UNO-Resolutionen 242, 338 und 194 als
Grundlage für eine Lösung anerkennen und die Umsetzung des vorliegenden
Vertrags als volle Verwirklichung dieser Resolutionen ansehen,
vereinbaren beide Seiten:
Abschnitt 1: Ende der Besatzung
Binnen eines Jahres wird die israelische Besatzung beendet und werden alle
mit ihr geschaffenen Institutionen, Strukturen und Funktionen in der
West-Bank, im Gaza-Streifen sowie im arabischen Ost-Jerusalem abgebaut sein.
Abschnitt 2: Der Staat Palästina
Binnen eines Jahres wird der unabhängige und souveräne Staat Palästina in
der West-Bank und im Gaza-Streifen, einschließlich des arabischen
Ost-Jerusalem, dem an Palästina grenzenden Teil des Toten Meers und der
Territorialgewässer des Gaza-Streifens gegründet.
Abschnitt 3: Grenzen
Die Grenzen zwischen dem Staat Israel und dem Staat Palästina werden -
vorbehaltlich anderer Vereinbarungen im vorliegenden Vertrag - markiert
durch die Waffenstillstandslinie, wie sie am 4. Juni 1967 bestand (im
Folgenden: die Grüne Linie).
Der Staat Palästina wird die vollständige souveräne Kontrolle über alle
seine Grenzen zu Lande, zur See und in der Luft ausüben.
Beide Seiten wünschen offene Grenzen zwischen ihren Staaten und streben ein
Rahmenwerk von Regelungen für grenzüberschreitende Wirtschafts- und
Handelsbeziehungen an, die den freizügigen Personen- und Güterverkehr
zwischen beiden Staaten nicht beschränken.
Abschnitt 4: Jerusalem
Beide Seiten erkennen die Einzigartigkeit der Stadt Jerusalem an und
erklären ihren Willen, sie als urbane Einheit zu bewahren, die für jedermann
offen ist.
Die arabischen Bezirke, entsprechend der beigefügten Karte, werden ein
integraler Bestandteil des Staats Palästina sein und seine Hauptstadt
bilden. Diese Bezirke werden bruchlos ineinander übergehen und als
zusammenhängende territoriale Einheit zum Staat Palästina gehören.
Die jüdischen Bezirke, entsprechend der beigefügten Karte, werden ein
integraler Bestandteil des Staats Israel sein und seine Hauptstadt bilden.
Diese Bezirke werden bruchlos ineinander übergehen und als zusammenhängende
territoriale Einheit zum Staat Israel gehören.
Das Jüdische Viertel der Altstadt wird Bestandteil des Staates Israel sein
und seinem Territorium angegliedert werden. Die Muslimischen, Christlichen
and Armenischen Viertel der Altstadt werden Bestandteil des Staats Palästina
sein und seinem Territorium angegliedert werden.
Es wird keine Beschränkungen oder Behinderungen des freizügigen Verkehrs
zwischen den beiden Teilen der Stadt geben. Beide Seiten werden - sofern sie
es beschließen - Kontrollstellen (checkpoints) an den Ein- und Ausgängen der
Stadt errichten.
Die Verwaltung des palästinensischen Jerusalem und die Verwaltung des
israelischen Jerusalem werden einen gemeinsamen Stadtrat einrichten, der auf
gleichberechtigter Basis für gemeinsame öffentliche Aufgaben und
Dienstleistungen zuständig sein wird. Der Rat wird geleitet von dem/der
Ratsvorsitzenden und dessen/deren Vertretung, einer/eine von beiden Israeli,
der/die andere Palästinenser/in. Sie werden alle zwei Jahre ihre Position
wechseln. Die erste Aufgabenteilung wird durch Los entschieden.
Abschnitt 5: Heilige Stätten
Beide Seiten erkennen die Einzigartigkeit der heiligen Stätten und ihre
große Bedeutung für Gläubige der drei monotheistischen Religionen an.
Das Gebiet des Haram al-Sharif (Tempelberg) wird zum Staat Palästina
gehören.
Die Westmauer (der Teil, der auch "Klagemauer" genannt wird) wird zum Staat
Israel gehören.
Alle archäologischen und sonstigen Ausgrabungen auf dem Gebiet des Haram
al-Sharif (Tempelberg), der Westmauer oder in ihrer unmittelbaren Umgebung
werden in beiderseitigem Einvernehmen vorgenommen.
Abschnitt 6: Gebietsaustausch
Ein Gebietsaustausch kann mit Zustimmung beider Seiten erfolgen.
Abschnitt 7: Exterritoriale Verkehrswege
Zwischen der West-Bank und dem Gaza-Streifen wird eine Schnellstraße gebaut,
die zum Staat Palästina gehören wird. Die Schnellstraße wird nirgends mit
dem israelischen Straßennetz verbunden sein und wird es entweder über- oder
unterqueren.
Abschnitt 8: Sicherheit
Beide Seiten haben ein Recht auf nationale und persönliche Sicherheit.
Beide Seiten verzichten auf den Einsatz von Gewalt und die Drohung mit
Gewalt gegeneinander.
Beide Seiten übernehmen in ihrem Hoheitsgebiet die Bekämpfung des
Terrorismus und terroristischer Initiativen, die gegen den anderen Staat,
gegen seine Einwohner oder Institutionen gerichtet sind.
Beide Seiten verpflichten sich, den Einmarsch fremder Streitkräfte in ihre
Hoheitsgebiete zu verhindern. Jede Verletzung von Vereinbarungen in diesem
Abschnitt durch einen der beiden Staaten berechtigt den anderen Staat, alle
Maßnahmen zu ergreifen, die zur Selbstverteidigung erforderlich sind.
Der Staat Palästina erklärt sich bereit, für die nächsten 25 Jahre davon
abzusehen, sich mit schweren Angriffswaffen auszurüsten. Diese Verpflichtung
entfällt, wenn ein Friedensvertrag zwischen Israel und den arabischen
Staaten unterzeichnet wird.
Beide Seiten werden Vereinbarungen über die Nutzung des Luftraums des
jeweils anderen Staats treffen.
Abschnitt 9: Die Siedlungen
Die Bewohner der Siedlungen auf dem Territorium des künftigen Staats
Palästina werden vor Ablauf der israelischen Besatzung evakuiert werden.
Die Siedlungen werden in intaktem Zustand den palästinensischen Behörden
übergeben, ohne dass Häuser und andere Immobilien beschädigt werden. Das
Eigentum, das von den Siedlern geräumt werden wird, wird als Teil des
israelischen Beitrags zur Entschädigung palästinensischer Flüchtlinge
angesehen (wie in Abschnitt 11 weiter ausgeführt).
Abschnitt 10: Wasser
Die Wasserressourcen des gesamten Landes zwischen dem Jordan und dem
Mittelmeer gehören beiden Seiten.
Es wird ein Hohes Israelisch-Palästinensisches Komitee berufen werden, das
für die Wasserressourcen und -verteilung zuständig sein wird. Das Wasser
wird gerecht und gleich entsprechend der Einwohnerzahl der beiden Staaten
zugeteilt.
Beide Seiten werden in Projekten zur Erschließung zusätzlicher
Wasserressourcen, wie der Entsalzung von Meerwasser, zusammenarbeiten.
Abschnitt 11: Flüchtlinge
Beide Seiten sind sich einig, dass die menschliche Tragödie der
Palästinenser durch eine moralische, gerechte, praktikable und abgestimmte
Lösung beendet werden muss, die den Charakter und die lebenswichtigen
Interessen beider Staaten berücksichtigt.
Israel erkennt seine Hauptverantwortung als Verursacher dieser Tragödie
während der Kriege 1948 und 1967 an. Beide Seiten werden eine
"Wahrheitskommission" aus israelischen, palästinensischen und
internationalen Historikern einberufen, die die genauen Ursachen, die zur
Entstehung des Problems in all seinen Ausprägungen geführt haben, prüfen und
binnen drei Jahren eine objektiven Abschlussbericht veröffentlichen wird.
Dieser Bericht wird in die Schulbücher beider Staaten aufgenommen.
Israel anerkennt das Rückkehrrecht als ein grundlegendes Menschenrecht.
Gemäß diesem Recht hat jeder Flüchtling die Wahl, sich für Entschädigung und
dauerhaften Verbleib in einem andren Land, oder für Rückkehr in den Staat
Palästina oder in den Staat Israel gemäß der folgenden Prinzipien zu
entscheiden:
- Um die historischen Wunden zu heilen und als Akt der Gerechtigkeit
wird Israel die Rückkehr einer bestimmten, vertraglich festzulegenden
Anzahl von Flüchtlingen auf sein Territorium gestatten. Die Rückkehr
wird in einer vernünftigen jährlichen Quote binnen einer Frist von nicht
mehr als 10 Jahren bewilligt.
- Jeder Flüchtling erhält eine großzügige Entschädigung für sein
Eigentum, das in Israel verblieben ist, für den Verlust von Chancen usw.
Die Entschädigung wird aus einem internationalen Fonds erteilt. Israel
wird einen angemessenen Anteil zu diesem Fonds beitragen und dabei den
Wert des in Israel verbliebenen palästinensischen Eigentums in Rechnung
stellen.
- Israel wird seinen Einfluss auf den internationalen Fonds nutzen, um
den palästinensischen Staat zu befähigen, sowohl den Flüchtlingen, die
nach Palästina zurückkehren wollen, als auch jenen, die gegenwärtig in
der West-Bank und im Gaza-Streifen ansässig sind, angemessene Wohnungen
und Arbeitsstellen anzubieten.
Abschnitt 12: Umsetzung der UN-Resolutionen
Nach der vollen Umsetzung der Abschnitte 1 bis 9 werden beide Seiten dem
UN-Sicherheitsrat formell eine gemeinsame Erklärung vorlegen, in der beide
versichern, dass sie die die Resolutionen 242 und 338 als vollständig
verwirklicht ansehen. Nach der vollständigen Umsetzung von Abschnitt 11
werden beide Seiten der UNO eine Erklärung abgeben, dass die Resolution 194
verwirklicht ist.
Abschnitt 13: Meinungsverschiedenheiten
Ein einvernehmlich einberufenes internationales Komitee soll die Umsetzung
dieses Vertrages überwachen und im Falle von Meinungsverschiedenheiten als
Schlichter angerufen werden.
Abschnitt 14: Ende des Konflikts
Die volle Umsetzung dieses Vertrags wird dem Konflikt zwischen Israel und
Palästina ein Ende setzen.
Die Übersetzung von Ernst Herbst und Fanny-Michaela Reisin wurde von
Uri Avnery (für Gush Shalom) autorisiert.
Zustimmungsschreiben, Anmerkungen und Geldbeträge für
die Annoncierung an: Gush Shalom, P.O.Box 3322, Tel-Aviv 61033, Israel,
Phone 972-(0)3-5221732,
info@gush-shalom.org.
Näheres bei www.gush-shalom.org
hagalil.com 18-08-2001 |
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