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bitterlemons-international.org
Middle East Roundtable / Edition 4 Volume 1

Noch achtzehn Monate, mindestens

Von Jossi Alfer,
dem ehemaligen Vorsitzenden des "Jaffee Center" für Strategische Studien an der Universität Tel Aviv und früheren Chefberater Premierminister Baraks

HEBREW
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Nach 36 Monaten Konflikt und Blutvergießen geht es beiden, Israelis und Palästinensern, schlechter. Von einer friedlichen Lösung sind wir heute weiter entfernt, unsere Volkswirtschaften sind mitgenommen (die palästinensische mehr als die israelische), und unseren Führern tritt auf internationaler Ebene immer mehr Widerstand entgegen.

Außerdem haben sich unsere militärischen und politischen Führer auf beiden Seiten schwerwiegend darin getäuscht, dass der Einsatz von roher Gewalt die Waagschalen in dieser Auseinandersetzung zu ihren jeweiligen Gunsten bewegen könnte. Stattdessen liefern wir uns einen zunehmend schmutzigen Krieg – von palästinensischen Selbstmordattentätern [jedes Mal wieder neu] eingeleitet und von Israelis [jedes Mal wieder neu] weiter getragen.

Allein die Extremisten haben gewonnen. Die radikalen Islamisten und die jüdischen Siedler, die sich beide einer vertraglich vereinbarten, gerechten and dauerhaften Zweistaaten-Lösung entgegenstellen, sind ihrem Ziel näher gekommen, das sie auf so perverse Art und weise vereint. Während drei Jahren haben Israelis und Palästinenser mehr und mehr die Fähigkeit verloren, miteinander zu kommunizieren, und ihre Führer haben jede Glaubwürdigkeit im jeweils anderen Lager eingebüßt. Die Ausbreitung der Siedlungen hat sich fortgesetzt, und die palästinensische Geburtenrate hat den Unterschied in der Bevölkerungsanzahl weiter verringert. Bald – sehr bald – wird es geografisch und demografisch unmöglich geworden sein, Eretz Jisrael/Palästina gerecht in zwei ethnisch gesonderte Staatswesen zu trennen, und Israel wird sich auf dem gefährlichen Pfad befinden, der zum Verlust seines jüdischen und demokratischen Charakters führen wird.

Israels strategische Gesamtsituation hat sich in den vergangenen drei Jahren dank der Ereignisse und Unternehmungen, die sich nach dem 11. September 2001 überschlugen, in anderen Bereichen paradoxer Weise durchaus deutlich verbessert. Die amerikanische Besetzung des Irak ließ die Gefahr einer neuerlichen arabischen Kriegskoalition gegen Israel – also einen Angriff von der „Ostfront“ her – gleich Null werden, was die Gefahr eines konventionellen Kriegs drastisch verminderte. Und die Kampagne der Vereinigten Staaten von Amerika gegen den Terrorismus radikaler Islamisten und gegen Massenvernichtungswaffen in der Hand von Schurkenstaaten ließ im Kampf gegen diese Bedrohungen zum ersten Mal einen gewichtigen Verbündeten an Israels Seite treten.

Lediglich die strategische Bedrohung aufgrund des demografisch-geografischen Faktors hat sich erhöht. Und während es in Israels Macht stünde, die Herausforderung unilateral anzugehen, ist die israelische Politik, einem von Lähmung erfassten Körper gleich, starr vor Furcht: Furcht vor wutentbrannten Siedlern und ihren Rabbinern, Furcht davor, das Bild unserer Abschreckungskraft, mit dem wir nach außen hin prahlen, durch das Zeigen von Schwäche zu schwächen, Furcht vor einseitigen Zugeständnissen – ja, Furcht davor, anzuerkennen, dass der strategische Nutzen eines einseitigen israelischen Rückzugs die damit verbundenen taktischen Einbußen bei weitem übertreffen würden.

Unter solcher Art tragischen Umständen ist der einzige rettende Lichtstrahl der Bau des Trennzauns. Ursprünglich dafür gedacht, die Bürger Israels vor palästinensischen Selbstmordattentätern zu schützen, ist der Trennzaun ein wesentliches Nebenprodukt der dreijährigen Intifada. Zugegeben, er ist hässlich und unangenehm, und auch in seiner harmlosesten Verwirklichung schädigt er unschuldige Palästinenser. Aber ein Zaun, der Israel vom Westjordanland trennt, und der so nah wie möglich an der Grünen Linie läge, könnte die Trennung schaffen, die beide Völker brauchen – er könnte den Anfang der Entlegitimierung der über seinen Verlauf hinaus liegenden Siedlungen verkörpern.

Die US-Regierung wird, was die Siedlungen, Kontrollposten und anderen Verpflichtungen aus der inzwischen beinahe untergegangenen Road Map anbelangt, keinerlei Druck auf Premierminister Ariel Sharon ausüben; aber offensichtlich hat sie beschlossen eine unnachgiebigere Haltung einzunehmen, was den Zaun anbelangt, um so zu verhindern, dass Sharon diesen für seine eigenen politischen Zielsetzungen missbraucht. Der Grund dafür mag darin liegen, dass die US-Regierung den innenpolitischen Zoll, welchen sie für die Art der Druckausübung zu zahlen haben wird, als minimal einschätzt. Halten die Amerikaner den Druck aufrecht, so könnten wir am Ende einen Trennzaun bekommen, der mehr oder weniger jenem Grenzverlauf entspricht, auf den sich Ehud Barak und Jassir Arafat 2001 in Taba, während der ersten Monate der Intifada, beinahe geeinigt hätten.

Wenn der Trennzaun anschließend auch die Funktion einer Staatsgrenze erhielte und zu einer Entflechtung beitrüge, so wäre dies die große Ironie hinter der gegenwärtigen Intifada, welche ausbrach, weil Arafat Baraks Bedingungen nicht annehmen konnte oder wollte. Nun denn, wenn es denn den beiden Konfliktparteien nicht gelingt, ihre Differenzen mit Hilfe der Logik und der Vernunft zu lösen, so müssen sie eben vielleicht am Ende ein Ja zu einer unsauberen Lösung finden, die sich später im Lauf der Zeit auf unvorhergesehene Art und Weise entwickeln wird.

Der Bau des Trennzauns wird jedoch eine Weile in Anspruch nehmen, und er wird lediglich dazu dienen können, die Gewalt zu verringern und allmählich neue Fakten zu schaffen – er verkörpert für sich genommen nicht die Lösung des Problems. Außerdem scheint die Bush-Regierung neben dem politischen Druck, den sie aufgrund des Trennzauns ausübt, über keine realistische Strategie zu verfügen, die ein Ende des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern bringen könnte. Noch verfügen Ariel Sharon und Jassir Arafat über eine solche. Wenn wir den Fahrplan für die amerikanischen Wahlen nicht aus den Augen verlieren, so dürfen wir also mit weiteren 18 Monaten zumindest der Auseinandersetzung und des Leidens rechnen.

Bitterlemons-international.org ist ein Internetforum für eine Reihe internationaler Perspektiven für den nahen Osten und dessen spezifische Belange. Sein Anspruch ist es, zu einem größeren Verständnis der Nahostregion beizutragen, und will ein neuer gemeinsamer Raum für denkende Menschen und politische Führungspersonen aller Länder sein, wo jene ihre Ansichten und Initiativen für die Region ausbreiten können. Die Herausgeber, Ghassan Khatib und Jossi Alfer, können unter ghassan@bitterlemons-international.org  bzw. yossi@bitterlemons-international.org erreicht werden.

Übersetzung a.d. Englischen: Matthias Fischer

hagalil.com 18-11-2003

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