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Aus palästinensischer Sicht:
Sprecht euch mit den Syrern ab

Ein Interview mit Amin Amin

bitterlemons: Falls Israel die Verhandlungen mit Syrien wieder aufnimmt, welche Auswirkung wird das Ihrer Meinung nach auf den Verlauf der palästinensisch-israelischen Verhandlungen haben?

Amin: Ich glaube, dass jeder Fortschritt im Gespräch zwischen Syrien und Israel eine positive Wirkung auf die Gespräche mit den Palästinensern haben wird. Ich würde sehen, was die syrische Regierung von der israelischen verlangt. Alle Fortschritte, die dieses Verlangen befriedigen, werden die palästinensische Position in Verhandlungen mit Israel stärken.

bitterlemons: Glauben Sie, dass jetzige und vergangene israelische Regierungen die Syrer gegen die Palästinenser ausgespielt haben?

Amin: Absolut. Israel hat vom ersten Tag an versucht, an verschiedenen Tischen zu verhandeln. Sie haben immer versucht, die Gespräche mit den Palästinensern von denen mit den Syrern zu trennen und diese von denen mit den Libanesen und so weiter, um so eine akzeptable Lösung für den Konflikt zu vermeiden. Also war es absolut im Interesse Israels, Verhandlungen an verschiedenen Tischen zu führen. Der, der den größten Preis bezahlt hat, ist die schwächste Partei in diesem Prozess, zuerst und zu allermeist die Palästinenser. Israel war allerdings immer die stärkste Partei und hat so die Friedensverhandlungen von Anfang an diktiert.

bitterlemons: Welche sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür, dass der syrische Präsident Bashar Assad angeboten hat, die Verhandlungen mit Israel wieder aufzunehmen?

Amin: Es ist klar, dass nach dem Krieg im Irak und den immensen Veränderungen, die in den letzten neun oder zehn Monaten stattgefunden haben, Syrien gemerkt hat, dass es isoliert ist. Präsident Bashar Assad hat sicher wahrgenommen, dass der Spielraum, in dem er sich bewegen darf, viel kleiner geworden ist. In diesem Sinn muss er mehr tun, um auf die amerikanischen Forderungen oder die israelischen Forderungen zu antworten.

bitterlemons: Denken Sie, dass ein Unterschied bestand zwischen der Art, wie die israelische Labour-Partei mit Syrien verhandelt hat, und den Strategien, die von Likud eingesetzt wurden; beides in Vergangenheit und Gegenwart?

Amin: Ich hatte immer den Eindruck, dass Labour viel mehr als Likud die Fähigkeit hat, das Ganze zu sehen. Die Likud-Partei scheint sich viel mehr auf die Taktiken des Augenblicks zu konzentrieren. Wenn man sich die derzeitige israelische Regierung anschaut, sind sie allein auf diesen jetzigen Moment fixiert. Sie machen eine ziemlich kurzsichtige Politik. Sie versuchen, wie sie heute für Israel das Meiste erreichen können und ich glaube nicht, dass das, was sie heute realistischerweise erreichen könnten, ihnen auf lange Sicht am besten dienen wird. In diesem Sinn liegt die Syrienpolitik des israelischen Premierminister Sharon sicher nicht im Interesse des Staates Israel als solchem.

bitterlemons: Was sollte Ihrer Meinung nach die palästinensische Führung tun, wenn die syrisch-israelischen Verhandlungen plötzlich wieder eröffnet werden?

Amin: Ich würde mein Allerbestes tun, um alles mit der syrischen Regierung zu koordinieren. Das deutet auf das, was ich vorher gesagt habe: Der Augenblick, wenn es verschiedene Verhandlungstische gibt, ist der Augenblick, in dem alle arabischen Parteien geschwächt sind. Indem sie damit einverstanden sind, irgend eine hypothetische Übereinkunft alleine zu unterschreiben, werden sie aktive Unterstützer von Israels teile-und-erobere-Strategie. Wenn Sie sich die verschiedenen Gespräche ansehen, die ca. in den letzten zehn Jahren stattgefunden haben, bin ich völlig überzeugt, dass Israel diese Verhandlungen ohne die Absicht eines akzeptablen Friedens geführt hat. Die Israelis haben sich auf den Versuch konzentriert, die "größten" Vorteile auf kurze Sicht zu bekommen. Das ist wieder eine kurzsichtige Art, Friedensverhandlungen zu führen, weil jeder wahre Frieden akzeptabel sein muss. Das kann nur dann sein, wenn alle Parteien die Vereinbarungen unterschreiben. Die Art, diese Verhandlungen scheibchenweise zu führen, hat nur zur  Katastrophe geführt. Es muss eine win-win-Situation geben - eine, in der Alle gewinnen. Wenn eine der Parteien ihre Sache auf Kosten aller anderen durchsetzt, wird das am Ende nach hinten losgehen, denn eine Seite wird dabei gedemütigt.

bitterlemons: Glauben Sie, dass Israels Rückzug aus dem Libanon im Jahr 2000 das heutige Gleichgewicht mit Syrien verändert hat?

Amin: Das hat er sicher getan. Vor 2000 hat Israel immer versucht, einem Rückzug aus dem Libanon mit syrischen Zugeständnissen über die Golanhöhen zu kombinieren. In dem Moment, als Israel sich aus dem Libanon zurückzog, trennte es die Sache des Südlibanon von der Sache der Golanhöhen und stärkte damit Syriens Position, indem es nicht länger den Südlibanon als Geisel hielt, bis Syrien sich vom Golan zurückgezogen hätte. Bis heute hat Syrien darauf bestanden, dass es nichts anderes als einen völligen israelischen Rückzug vom Golan akzeptieren wird. Um ehrlich zu sein, ich bin nicht sicher, wie stark Bashar Assad das noch für wahr hält. Indem der Irak jetzt im Osten durch eine amerikanische Besatzungsarmee gehalten wird, weiß ich nicht, ob die syrische Regierung nicht vielleicht mehr Zugeständnisse über den Golan machen will.

Amin Amin ist Senior Project Manager an der Delfter Universität in Holland. Er stammt aus Ramallah, ist palästinensischer politischer Analyst und pendelt zwischen Europa und dem Nahen Osten.

Übersetzt von Robert Cohn

Veröffentlicht am 16.2.2004,
© bitterlemons.org

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