Erinnerungen an den Februar 1983:
Ein Meer von Hass
Mit Spannung erwarteten wir, genauso wie das ganze
Land, die Veröffentlichungen der Untersuchungsergebnisse der
Kahan-Kommission.
Die Friedensbewegung hatte die Regierung bereits dazu
aufgerufen, sich von der Illusion zu trennen, dass durch die Zerschlagung
der organisatorischen Infrastruktur der PLO im Libanon, wohin die PLO sich
nach dem "Schwarzen September" in Jordanien zurückgezogen hatte, in den
besetzten Gebieten eine neue palästinensische Führung nach Art der
gescheiterten "Dorf-Ligen" entstehen würde, welche bereit wäre, israelische
Forderungen durchzusetzen, weitreichende palästinensische
Verzichtserklärungen zu legitimieren und die Siedlungspolitik zu
sanktionieren.
Premierminister Begin hatte bereits seine Bereitschaft signalisiert, den
Palästinensern eine gewisse Form der Eigenstaatlichkeit, zu gewähren. Für
diese war aber bislang kein palästinensischer Gesprächspartner zu finden.
Dieser hätte einerseits eine sehr begrenzte Art von Autonomieverwaltung als
Endziel akzeptieren müssen und diese andererseits auch noch der Mehrheit der
Bewohner von Gaza und Westbank schmackhaft machen müssen. Die Mehrheit der
palästinensischen Bevölkerung erhoffte sich jedoch ein komplettes Ende der
Besatzung, also einen Rückzug auf die Grenzen vor 1967 und ein Ende jeder
Siedlungspolitik.
Nach Ansicht der Friedensbewegung war die Zeit reif für einen historischen
Ausgleich. Ein Beharren auf extremen Positionen seitens der Regierung würde
die ebenfalls auf eine Koexistenz hinarbeiteten Kräfte auf der
palästinensischen Seite schwächen.
Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der Kahan-Kommission am 8.Februar
1983 waren wir der Meinung, es sei an der Zeit, mit diesen Forderungen an
die Öffentlichkeit zu treten. Die Kahan-Kommission kritisierte Premier
Begin, den Außenminister und den Generalstabschef, sprach sie aber von einer
vollen Verantwortung für die Ereignisse in Sabra und Schatilah frei. Im
Gegensatz dazu forderte sie den Rücktritt des Verteidigungsministers Scharon
und zweier Offiziere. Die Kommission warnte außerdem, dass diese
Verantwortlichen auch in Zukunft von öffentlichen Funktion fernzuhalten
seien.
Begins Reaktion auf diese aufrüttelnden Erkenntnisse der von der Regierung
beauftragten Kommission war eher zögerlich. Ob und inwiefern den
Empfehlungen der Kommission entsprochen werden würde, sollte in weiteren
Sitzungen geklärt werden.
Die Friedensbewegung befürchtete, dass eine Missachtung der
Kahan-Empfehlungen dazu führen könnte, dass sich Israel in einen Staat
verwandelt, in dem militante politische Kreise unter Missachtung des Rechts
zunehmenden Einfluss gewinnen. Um der Forderung nach Scharons Rücktritt
Nachdruck zu verleihen, entschloss sich die Friedensbewegung zu einer
Demonstration, die vom Zionsplatz im Zentrum Jerusalems zum Büro des
Premierministers führen sollte.
Tsali Reschef berichtet: "Als wir uns am Zionsplatz versammelten, waren wir
sofort von einer feindlich-agressiven Menschenmenge umringt. Die
Demonstration war noch gar nicht eröffnet, da prasselten schon von allen
Seiten Schläge auf uns nieder. Von allen Richtungen wurde versucht, uns vom
Platz zu drängen und einzukesseln. Die aufgebrachte Menge begann, rechte
Parolen zu skandieren, auf uns einzuschlagen und uns zu bespucken".
Viele Jerusalemer, die beabsichtigt hatten an der Peace-Now-Demonstartion
teilzunehmen, konnten gar nicht erst zum Kern der Demonstration
durchdringen. Überall im Stadtzentrum standen johlende Siedleraktivisten und
Kahane-Anhänger und weiträumig um den Zionsplatz, die Ben-Yehude-, Jafo- und
Melekh-George-Strasse versuchten Gruppen der Rechten jeden potentiellen
Teilnehmer abzudrängen. Insbesondere Leute mit Kindern begriffen, dass es
nicht zu verantworten war, weiter in dieser bedrohlichen Atmosphäre zu
bleiben.
Immer wieder gellten Sprechchöre, oft im ganz schlechten Hebräisch der
Kahane-Anhänger, von den Gehsteigen und aus den Seitenstrassen: "Verräter,
PLO-Kollaborateure, Arafat-Liebchen, Schönseelchen!"
Vom Zionsplatz hatte sich der Zug inzwischen in Bewegung gesetzt, immer
wieder durchbrochen von organisierten Gruppen der Rechten, die auf die
Demonstranten einprügelten. "Das Gejohle der Gegendemonstranten wurde
ständig durch schrilles Pfeifen unterbrochen. Danach folgten Schläge, viele
Schläge, eine regelrechte Orgie der Gewalt - kasach!", berichteten später
die Zeitungen.
Die Polizei war in keiner Weise auf einen derartigen
Ausbruch der Gewalt vorbereitet. Nur ganz vereinzelt kämpfte ein einsamer
Polizist gegen ein Meer von Fäusten.
Tsali Reschef berichtet: "Unter den pausenlosen Angriffen konnte sich die
Demonstration nur langsam ihren Weg bahnen. Jemand warf Amiram (Goldblum,
Anm. d. Red.) eine brennende Zigarette ins Gesicht, Anat hatte schwere
Prügel eingesteckt, ein anderer Fanatiker wollte Talas eine brennende Fackel
ins Gesicht drücken...
Wir versuchten, uns nicht provozieren zu lassen, nicht mit Gewalt zu
antworten. Wir alle hatten den Eindruck, die Strasse stünde kurz vor dem
Ausbruch eines Bürgerkrieges und diesen galt es um jeden Preis zu
verhindern.
Ich rannte von einer Reihe zur anderen, appelierte immer wieder an den
sicherheitsbeauftragten Polizeioffizier Ejtan Kaz, doch auch er war gänzlich
ohnmächtig.
Am Platz vor dem Maschbir standen Rabbi Meir Kahane und
der harte Kern seine Leute. Kahane hielt eine Hetzrede auf englisch und
seine Anhänger johlten. Der ganze Platz war voll. Anscheinend waren den
ganzen Tag immer wieder Busse aus den Siedlungen angekommen. Das bisher
erlebte war nur ein Vorgeschmack, und der Gang durch die Bezalelstrasse war
ein unbeschreibbares Treiben durch ein Meer des Hasses...
Das schlimmste kam aber erst am Ende, gegenüber des Büros des
Ministerpräsidenten. Die Massen hatten sich bereits weitgehend verflüchtigt.
Einzelne Gruppen standen noch diskutierend beieinander, die Organisatoren
sammelten Plakate ein. Sie alle versuchten die Eindrücke des Geschehens zu
verarbeiten, als die Explosion einer Granate die Luft zerriss...
Memorial Rally
Twenty Years Since the Murder
WE REMEMBER
EMIL GRUNZWEIG
AND CONTINUE THE STRUGGLE!
Twenty years have passed since Emil Grunzweig was
murdered by a grenade thrown into a group of Peace Now demonstrators,
standing opposite the Prime Minister's office. The grenade was hurled at the
end of a large demonstration against the War in Lebanon, and dedicated
specifically to the firing of the then Minister of Security, Ariel Sharon
for his responsibility for the war itself, and specifically for the massacre
at Sabra and Shatila.
Emil Grünzweig (rechts)Place:
The Bank of Israel (opposite PM's office)
Date: February 8, 2003, Hour: 7:00 PM
Yariv Oppenheimer, Peace Now Spokesman
yariv@peacenow.org.il
Mobile: 054-200060
from outside Israel: ++972-54-200060 |
We will hold a memorial rally to mark
this tragic political murder, and to reconfirm our dedication to
continue the struggle against unnecessary violence and war and in favor
of democracy and peace.
We will re-hand a memorial plaque, originally placed at the site of the
murder by the Municipality of Jerusalem and later destroyed.
Speakers include those who led the fatal demonstration twenty years ago. |
Die Stimmung jener Tage:
"Es wurde eine Granate auf uns geworfen!"
Emil Grünzweig wurde zum Opfer einer mörderischen Hetzkampagne der
Rechten...
Es ist schon zwanzig Jahre her:
Wir haben Emil Grünzweig nicht vergessen!
Bei einer Demonstration in Jerusalem fordert die Friedensbewegung im
Februar 1983 den Rücktritt Scharons. Es kommt zu gewalttätigen
Auseinandersetzungen mit Anhängern Scharons. Die Demonstranten
werden als Verräter und Feinde Israels beschimpft und mit
Gegenständen beworfen. In Jerusalem wird Emil Gruenzweig durch eine
Handgranate getoetet...
hagalil.com 06-02-2003 |