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Promises - endlich auf Video!


 

Uri Avnery 14-12-2002

Wie man Sharon helfen kann

Wenn man Sharon helfen will, an der Macht zu bleiben - dann gibt es hier ein paar nützliche Ratschläge:

1.Redet über eine „Nationale Einheitsregierung“, die nach den Wahlen aufgebaut werden soll. Das ist ein raffinierter Trick. Er besagt, dass es in der Tat keinen Unterschied zwischen dem Likud und der Labor-Partei gibt. Wenn es so ist, warum soll man dann Labor wählen? Wenn dies nichts anderes als eine personelle Wahl zwischen Sharon und Mitzna ist, die morgen irgendwie Seite an Seite am selben Tisch sitzen, wäre dann nicht der erfahrene und charismatische Sharon dem unerfahrenen und nüchternen Mitzna vorzuziehen? Andrerseits ist dies ein sicheres Rezept dafür, jeden, der Sharon verabscheut, von der Labor-Partei zu vertreiben.
Außerdem sagen all jene, die über eine Einheitsregierung reden, tatsächlich, dass der Likud sicher gewinnen wird. Keiner redet über eine Einheitsregierung, die von Mitzna angeführt wird. Es ist ein von vornherein feststehender Beschluss, dass die Einheitsregierung von Sharon geleitet wird. Da die unentschlossenen Stimmen immer dahin tendieren, zum voraussichtlichen Sieger zu gehen, ist die Botschaft klar.
Dies mag sich auch als eine Prophezeiung erweisen, die sich selbst erfüllt. Falls Mitzna geschlagen wird, wird die Partei wieder in die Hände der Ritter mit dem klebrigen Hintern fallen.

2. Verbreitet die Geschichte vom moderaten „neuen Sharon“, der praktisch ein Linker geworden, und dessen einziger Traum es ist, als Mann in die Geschichte einzugehen, der Frieden mit den Palästinensern geschlossen hat.
Jeder, der Sharon kennt, weiß, dass dies ein Mythos ist, das ausgetüftelte Produkt von Propaganda-Experten. Aus Sharon ist kein Moderater geworden. Seit zwei Jahren führt er einen unbarmherzigen Krieg gegen die Palästinenser mit dem Ziel, das palästinensische Volk durch die Vernichtung seiner nationalen Führung zu brechen, indem es diese tötet und seine wirtschaftliche Infrastruktur zerstört. Sharon hat jeden Weg für einen Dialog blockiert. Täglich leistet er sich Provokationen. In wahnsinnigem Tempo lässt er Siedlungen bauen. Die „moderaten“ Erklärungen waren für Amerika und israelische Idioten gedacht.
Sharons Statements über einen „Palästinensischen Staat“ sind Unsinn. Höchstens ist er bereit, den Palästinensern eine verstümmelte Autonomie über 40% der besetzten Gebiete zu geben, (also 8% von Palästina von vor 1948) und nur, nachdem die Palästinenser ihre Hände hoch heben und sich bedingungslos ergeben. Er weiß sehr wohl, dass dies kein Palästinenser akzeptiert. Das wahre Ziel ist deshalb, die Palästinenser aus dem Lande zu vertreiben. Für dieses Programm gibt es im Likud, bei Shas, Mafdal* und den Nationalen Einheitsparteien eine klare Mehrheit, die bei den nächsten Wahlen eine Mehrheit bilden können.
Der Haupthausierer, der die Bilder des „friedensliebenden“ Sharon vertreibt, ist Shimon Peres. Nachdem er die letzten beiden Jahre als National-Prostituierter verbrachte, sehnt er sich nach weiteren solchen Jahren. Er könnte sein persönliches Possenspiel in eine nationale Tragödie verwandeln. Da er nicht ohne ministeriellen Dienstrang leben kann, würde er für einen Tag als Außenminister sogar seine Großmutter verkaufen - von seiner Partei ganz abgesehen.
Genau deshalb spricht er jetzt, als ob der Sieg über Mitzna eine vollendete Tatsache wäre, und dass nun nichts mehr zu tun übrig bliebe, als über die Bedingungen der Übergabe zu verhandeln (also das Außenministerium für Peres)

3. Macht alles Mögliche, um Mitzna in den Schatten zu stellen.
Amram Mitzna ist der Gegenkandidat. Da gibt es keinen anderen. Da mag ihn einer bewundern oder nicht, ihn lieben oder nicht - wenn man Sharon schlagen will, muss man sich darauf konzentrieren, Mitzna aufzubauen. Die Wahlkampagne ist zu aller erst ein persönliches Duell zwischen diesen beiden Männern. Wenn man Sharon helfen will, muss man Mitzna als unglückselige Gestalt darstellen, ein Gefangener der Rechten in seiner eigenen Partei. Man muss sagen, dass sogar seine eigene Partei gegen seine Politik ist, dass sich seine linke Linie für Labor als Katastrophe herausstellen wird.

4.Gebt den Startschuss für einen Bürgerkrieg zwischen den Parteien der Linken!
Falls ein Bürgerkrieg zwischen der Laborpartei und Merez ausbrechen würde und zwischen den beiden und Hadash - so wäre das wunderbar. Sie werden damit beschäftigt sein, sich gegenseitig zu verunglimpfen und so den Job der Rechten erledigen. Keiner wird noch übrige Energie haben, um gegen Sharon zu kämpfen.
Die Beilin-Affäre ist dafür ein guter Beweis. Sie ist dargestellt worden, um die Heuchelei und/ oder die Schwäche von Mitzna zu beweisen und aufzuzeigen, dass die Partei sich zur Rechten hin bewegt hat. Das hat mit Realität nichts mehr zu tun. Der Fall Beilin,(der nicht genug Stimmen für die Labor-Vorwahlen erhielt) war durch innerparteiliche Rivalitäten verursacht. Er war innerhalb der Partei weitgehend unbeliebt geworden, als er damit drohte, sie zu verlassen, wenn man sein Programm nicht annähme. Eine Partei, die Mitzna mit überwältigender Mehrheit wählte, wird nicht plötzlich zum Falken, wenn sie Beilin fallen lässt. Es ist überhaupt nicht klar, wer von den beiden mehr „links“ ist.
Aber all dies ist wirklich unwichtig. In der Endanalyse gibt es fast keinen Unterschied, ob man Labor, Meretz, Hadash und die arabischen Parteien wählt. Alle zusammen werden sie einen „Präventiv-Block“ gegen die Rechten darstellen. Ein Bürgerkrieg untereinander würde zu einer Verschwendung, die geradezu kriminell wäre.

5. Sagt, dass „sie alle gleich seien“ und ruft dazu auf, nicht zu wählen.
Das wird die rechten Wähler nicht berühren. Sie werden selbst bei einem Erdbeben in den Wahllokalen auftauchen. Aber solch ein Aufruf könnte bei den linken Wählern wirken, die sehr wählerisch sind. Jede Stimmenthaltung „aus Prinzip“ wird der Rechten helfen, jeder Blanco-Stimmzettel wird ein Stimmzettel für Sharon sein.

6.Ruft die arabischen Stimmberechtigten auf, die Wahlen zu boykottieren.
Die eine Million israelisch-arabischer Bürger sind ein natürlicher Partner des Friedenslagers. Ohne sie gäbe es keine effektive politische Linke in Israel. Derjenige, der sie dazu ermuntert, von den Wahlurnen wegzubleiben, macht den Job von Sharon.
Das ist so selbstverständlich, dass man jemanden, der solch eine Boykott-Flagge schwenkt, als einen Agenten Sharons oder des Sicherheitsdienstes (was das selbe wäre) verdächtigen könnte. Je extremer der nationalistische und/ oder islamistische Eifer der Boykottanwälte ist, um so größer ist mein Verdacht.
Die arabischen Bürger haben eine Menge zutreffender Gründe, auf das israelische Establishment, einschließlich der Laborpartei, wütend zu sein. Aber die Wut müsste in die Bemühung münden, eine starke parlamentarische Macht aufzubauen, die fähig ist, für ihre Rechte und Bestrebungen zu kämpfen. Eine Wut, die nur hilft, eine rechtsgerichtete Regierung wieder an die Macht zu bringen, ist eine infantile Übung von Selbstbefriedigung.
Für eine von Vertreibung bedrohte Gemeinschaft wäre dies ein Akt der Selbstzerstörung. Tatsächlich ist es schwierig, eine arabische Führung zu verstehen, die über die Gefahr einer „zweiten Nakba“ (Katastrophe von 1948) spricht und sich gleichzeitig so benimmt , als ob die Geschäfte ihren normalen Gang gingen.

Nun gut, jeder, der Sharon helfen will, hat hier eine Reihe von Methoden zur Auswahl.

*Shas: Orientalisch-orthodoxe Partei; Mafdal: national-religiöse Partei
(Aus dem Englischen übersetzt: Ellen Rohlfs und vom Verfasser autorisiert)
http://www.uri-avnery.de

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hagalil.com 16-12-2002

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